Pro Domo

stacks-image-DED8CBF
Max Slevogt: Diener auf der Terrasse von Neu-Cladow, 1912 (Saarland Museum Saarbrücken)

Vor rund hundert Jahren scharte der Berliner Kunsthistoriker, Schriftsteller & Kunstsammler Johannes Guthmann (1876-1956) einen illustren Gästekreis um sich, zu dem Bildende Künstler der Berliner Sezession wie der Maler Max Slevogt und der Bildhauer August Gaul ebenso zählten wie der Schriftsteller Gerhart Hauptmann, der Regisseur Max Reinhardt, die Schauspielerin Tilla Durieux, der Kunsthändler Paul Cassirer, der Pianist Conrad Ansorge und der spätere Außenminister Walther Rathenau. Sie alle beschäftigte die Frage nach der Funktion von Kunst und Kultur in umtriebiger Zeit. Dass das Schöne in der Welt unvergänglich und für den Menschen sinn- und identitätsstiftend sei, dies war der Konsens all jener Kunst- und Kulturschaffenden, mit denen Guthmann ein intensiver und fruchtbringender kultureller Dialog verband.

Die kulturgeschichtlichen Salons, Seminare, Vorträge und Ausstellungen der Guthmann Akademie knüpfen an jenen geistvoll-rekreativen Austausch an, dessen spiritus rector Johannes Guthmann war. Dabei kooperiert die Guthmann Akademie als Forum für Berliner Kunst- und Kulturgeschichte seit ihrer Gründung im Januar 2015 mit namhaften Berliner Kulturinstitutionen wie beispielsweise der Stiftung Stadtmuseum, dem Museum Charlottenburg-Wilmersdorf in der Villa Oppenheim, der Liebermann-Villa oder der Galerie Mutter Fourage in Berlin-Wannsee. Als Lebens- und Schaffensort Johannes Guthmanns ist das Gutshaus Neu-Cladow (Neukladower Allee 9-12, 14089 Berlin) Ursprungsort und „Mutterhaus“ der Guthmann Akademie.

Hier führt die Guthmann Akademie Veranstaltungen im Sinne Johannes Guthmanns durch, der Neu-Cladow in den gesellschafts- wie kulturpolitisch pulsierenden Berliner Jahren um 1910 ein einzigartiges geistig-kulturelles Profil verlieh, indem er die inselhafte Lage des Gutsparks und das frühklassizistische – mutmaßlich auf David Gilly rekurrierende – Herrenhaus mit seiner zurückhaltend-maßvollen Bauweise adäquat zu nutzen verstand und Neu-Cladow als einen  „Ort der Muße und der Musen“ (Miriam-Esther Owesle) etablierte, an dem Literatur und Musik, Theater und Bildende Kunst gleichermaßen gepflegt wurden.

Herzstück der Veranstaltungen der Guthmann Akademie ist der Neu-Cladower Salon, der bereits seit April 2013 allmonatlich an den fruchtbaren geistigen und künstlerischen Austausch der legendären Neu-Cladower Rencontres anknüpft, im Rahmen derer einer zunehmend oberflächlichen Rezeption von Kunst und Kultur als Konsumgütern in einer immer schnelllebigeren Zeit mit einem kreativ-rekreativen Austausch begegnet wurde. Mit Blick auf die Tradition am Puls der Zeit – dies kann als Motto des spiritus rector von Neu-Cladow gelten und ist auch wegweisende Maxime der Guthmann Akademie.

Wenn Johannes Guthmann bei der Wiederaufnahme des Spielbetriebs im Neu-Cladower Naturtheater nach Ende des Ersten Weltkriegs seinen Willen postulierte „aufbauen und bewahren“ zu wollen, so möchten wir in diesem Sinne sein Erbe weitertragen, sein künstlerisches Vermächtnis pflegen und für die heutige Zeit fruchtbar machen. Die Guthmann Akademie knüpft damit an das Kunst- und Bildungsverständnis Johannes Guthmanns an, der Kunst und Kultur als Möglichkeiten der Selbstvergewisserung in einer Zeit „transzendentaler Obdachlosigkeit“ (Georg Lukács) betrachtete.

Bedeutete Bildung für Johannes Guthmann weder rein faktische Wissensanhäufung noch schmückende Dekoration und verstand er Kunst und Kultur in Anlehnung an das humanistische Bildungsideal als Mittel der Bildung des ganzen Menschen, so ist dieser Bildungsbegriff Johannes Guthmanns auch Grundlage und Leitmotiv der Guthmann Akademie. Ihn hat Max Slevogt, der enge Guthmann-Freund, äußerst treffend auf den richtungsweisenden Nenner gebracht:

„ … wenn man alles gelesen und alles vergessen hat, was dann übrig bleibt, ist Bildung.“

Max Slevogt